Kurzmeldung: Sportschau Bericht über den SSV Ulm und Reaktionen darauf

Ein Bericht in der Sportschau über Nazis in westdeutschen Fußballvereinen hat in Ulm für einiges an Aufsehen gesorgt, da der SSV als eines von drei Beispielen genannt wird. Von Vereinsvorstand, Unterstützer, Oberbürgermeister bis zu einzelnen Hooligans gibt es eine Vielzahl an Reaktionen und Berichten. Hier ein Überblick zum Pressespiegel, Presseanfragen, unsere Einschätzung und einem Leserbrief eines Hooligans.

Pressespiegel

Ein chronologischer Überblick über veröffentlichte Artikel, Kommentare und Interviews der letzten Tage:

In den meisten Artikeln widerspricht der Vereinsvorsitz der Darstellung des Berichtes, gibt an sich klar gegen rechts zu positionieren. Kommentare von Journalist:innen und Personen wie der Oberbürgermeister stellen sich hinter den Verein.

Bemerkenswert sind insbesondere die Aussagen vom SSV-Vorstand Thomas Oelmayer im Interview mit Donau 3 FM. Auf die Frage, wie groß die Problemfans und Menschen, die der rechten Szene zugeordnet werden können, antwortete er:

„Ich würd mal meinen nicht mehr wie 200. Aber das ist schon ne Größenordnung die man da so zuordnen kann.

[…] Wenn sich da alle zusammen tun sinds schon so 100-200 die wie so zuordnen können.“

– Aussagen von Oelmayer im Donau3FM Interview vom 14.12.2021

Mehrfach bestätigte Oelmayer zudem, dass die verurteilten neonazistischen Täter der antiziganistischen Angriffe in Dellmensingen kein Stadionverbot erhalten haben. Die Begründung dafür ist folgende:

„Oelmayer hatte gegen sie ein Stadionverbot angestrebt, Vereinsmitglieder sind und waren sie nicht.  Doch bis heute sind die Männer regelmäßig auf der Gegentribüne zu sehen. Ein Zutrittsverbot erhielten sie nicht. Gescheitert ist dies an den Daten und Adressen der Beschuldigten, die weder Verteidigung noch Polizei dem Verein zur Verfügung stellen wollten. „Solange ich das nicht habe, kann ich kein Stadionverbot personifiziert durchführen“, sagt Oelmayer.

– aus dem SWP Artikel „Rechtsradikale Fans beim SSV Ulm?“ vom 13.12.2021

Wie die Täter dem Vereinsvorsitz auf der einen Seite bekannt genug sein können um eine Vereinsmitgliedschaft auszuschließen und gleichzeitig zu unbekannt sind um ein Stadionverbot auszusprechen bleibt bisher unklar.

Reaktionen von Hooligans

Bemerkenswert ist ein Leserbrief, der von Robert H. am 14.12.2021 in der Neu-Ulmer Zeitung veröffentlicht wurde. Darin verteidigt er den Verein, der laut ihm kein Nazi-Verein sei.

Eine gleichnamige Person aus dem gleichen Ort ist seit Jahren Mitglied der SSV Hooligans.

  • Er hat zwei Wehrmachtssoldaten-Tatoos und auf seinem linken Arm ein „Uniteds“-Tattoo.
  • In den sozialen Medien konnten wir mehrere bereits 2019 Posts und Bilder mit extrem rechten Inhalten von ihm finden. So positionierte er sich pro Donald Trump, ihm gefiellen mehrer AfD Seiten und er teilte Musik der extrem rechten Gruppe „Gigi und die braunen Stadtmusikanten„. Letzteres ist ein Musikprojekt von Daniel Geise, der Sänger in der neonazistischen Band Stahlgewitter ist und verurteilt wurde da ein Song von ihm eine Anspielung und Zelebrierung der Morde des NSU darstellen.
  • Er bestellte 2015 unter seinen Namen und mit der E-Mail-Adresse „UnitedsUlm@web.de“ bei dem extrem rechten Webshop Opos Records.

 

Aus der eigenen Darstellung von Robert H. lässt sich deutlich erkennen, dass er Teil der Uniteds und der extrem rechten SSV Hooligans ist.

Presseanfragen an uns

Als einziges regionales Medium meldete sich der SWR bei uns mit einer Presseanfrage.
Die gestellten Fragen und Antworten können hier nachgelesen werden.

Unsere Einschätzung

Wir finden es verwunderlich wie Verein und lokale Öffentlichkeit den Beitrag verzerrt darstellen. Es wird so getan als würde der gesamte Verein oder die Fanszene pauschal als Nazis dargestellt werden, dabei geht es sehr konkret um einen kleinen Teil der Fanszene:

Die Hooligans, organisiert in den drei Gruppen Uniteds, Donau-Crew und Pubboys (letztere haben sich nach den Angriffen in Dellmensingen 2019 aufgelöst). Diese Gruppen werden in den aller meisten Fällen immer noch nicht konkret benannt vom Vereinsvorsitz, der Lokalpresse oder der Fanszene.

Warum es dem Verein und dem Vorsitz nicht möglich ist den Täter der Angriffe in Dellmensingen ein Stadionverbot zu erteilen ist nicht nachvollziehbar. Der Prozess 2020 war öffentlich, ein Szenekundiger Polizeibeamter kannte die Täter alle laut seiner Aussage vor Gericht und mit hoher Wahrscheinlichkeit sind die Namen in der organisierten Fanszene den aller meisten bekannt.

Der Vereinsvorsitz betont aktuell immer wieder, wie sehr aktiv er angeblich gegen extrem rechte Fans in den letzten Jahren war. Wir fragen uns wieso insbesondere die regionalen Journalist:innen nicht nachhaken was konkret umgesetzt wurde (Projekte, Aktionen, …) oder beim Landesverband der Sinti und Roma im Bezug auf den Angriff in Dellmensingen ihre Einschätzung zur Situation und der SSV Fanszene erfragen.

Bemerkenswert ist, dass die Reaktionen vom Verein über den Bericht deutlich stärker sind, als sie es zu den Angriffen der fünf SSV Hooligans in Dellmensingen 2019 und dem darauf folgenden Prozess 2020 jemals waren.

Insgesamt ist es neu, das dem Thema nach jahrzentelanger Kontinuität von extrem rechten Hooligans Aufmerksamkeit gegeben wird. Der Vereinsvorsitz positioniert sich klar gegen Rechts und bringt mehrere Projekte wie z.B. ein Fanprojekt nachdem Vorbild vom 1.FC Heidenheim ins Spiel. Gerade jetzt da der Aufstieg in die dritte Liga möglich scheint wäre es dringend notwendig aus Worten Taten zu machen.

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