Im Vorfeld der Veranstaltung hatten wir über die Mobilisierung und das Personenpotential berichtet. Unsere Einschätzung wurde übertroffen, es waren laut Schätzungen zwischen 700 und 1000 Personen an der Demonstration und den zwei Kundgebungen von Klardenken Schwaben beteiligt. Während der mehrstündigen Abschlusskundgebung wurde das Publikum immer kleiner. Fotos der Demonstration und Kundgebung sind u.a. hier zu sehen.
Die Demonstration lief vom Hildegard-Kneef-Platz zur Olgastraße bis zum Theater, Wengengasse und Hirschstraße zum Münsterplatz. Die Teilnehmenden Personen trugen Deutschlandfahnen und skandierten immer wieder Parolen wie „Merkel muss weg“, „Demokratie, Freiheit, Selbstbestimmung“ und „Widerstand, Widerstand“.
Klardenken Schwaben versucht gezielt, das öffentliche Bild ihrer Veranstaltungen zu wandeln. Sie wollen sich als nicht rechts, als antifaschistisch und vollkomen friedlich präsentieren. Dazu riefen sie neben ihren klassischen Parolen (s. oben), auch „Nazis Raus“ oder „Alerta, Alerta, Antifaschista“. Reden von den Maßnahmen als neuen Faschismus, stellen sich als die wahren Antifaschisten da. Gegenprotest wurde unter anderem als Nazis bezeichnet.
Diese Darstellung steht im Widerspruch zu Teilen der Teilnehmenden, die einem rechten Spektrum zuzuordnen sind. Ein Auszug:
Anwesende Personen
Drei Mitglieder der Identitären Bewegung (IB)
- Darunter Felix M. und „Michael S.“
- Felix M. ist seit Jahren immer wieder beteiligt an Aktionen der IB Ortsgruppe Ulm und IB Schwaben.
- Anmerkung: Michale S. tritt unter diesem Namen im Internet auf, es kann sich um ein Pseudonym handeln)
- erkennbar waren sie an Schlauchschalen mit der Beschriftung „Heimatschützer“ und einem Kleinen Lamda Symbol [1]
- Während einer Blockade liefen sie außenherum und stellten sich hinter die Blockade, um so später die Demonstration mit ihrem Banner anzuführen. Dieses Verhalten passt zur Medienstrategie der Identitären Bewegung, die darauf abzielt symbolische Fotos zu erzeugen und sich damit zu inszenieren.
Markus Mössle
Fotos: [1]
- war Ordner der Querdenken Demonstration
- Ulmer Gemeinderatsmitglied der AfD.
- in den 70er bis 80er Jahren führender Persönlichkeit der Ulmer Nazi-Szene. Verurteilter Rechtsterrorist wegen bewaffneten Raubüberfällen.
Daniel Langhans
- Moderiert die Kundgebung am Münsterplatz
- War 2015 AfD Mitglied, schrieb für extrem rechte Webseiten homophobe Artikel.
- Seit Mai 2020 verbreitet er bundesweit als Redner bei Querdenken Veranstaltungen diverse Verschwörungerzählungen, Inhalte von Q-Anon und Reichsbürgertumsideologie. Wir ordnen ihn eindeutig als Verschwörungsideologen ein
- Ein ausführlicherer Artikel zu seiner Verchwörungsideologie findet sich hier
Stephan Bergmann
Fotos: [1]
- Anwesend auf der Demonstration und Abschlusskundgebung
- zeitweise Pressesprecher von Querdenken 711
- Mitbegründer des extrem rechten Reichsbürgervereins Primus inter Pares in Schorndorf, mehr dazu hier.
Stephan Bauer
Fotos [1]
- War als Livestreamer auf der Demonstration und Abschlusskundgebung
- extrem rechter Medienaktivist des Querdenkenspektrums, Mitglied der AfD Rosenheim
- äußerte sich vor kurzem Holocaustrelativiernd
Karl Hilz
- sprach während der Demonstration und später auf der Abschlusskundgebung
- pensionierter Polizist, tritt immer wieder auf Querdenken Veranstaltungen, verbreitet dabei diverse Verschwörungserzählungen, leugnet die Pandemie und hat Beziehungen zur bayrischen AfD
Wolfgang Greulich
- War als Livestreamer auf der Demonstration und Abschlusskundgebung. Sprach bei der Abschlusskundgebung
- Er unterstützte Kampagnen wie die Coronabus Infotour, hat Beziehungen zu Waffenlobby und rechten Esoterik Kreisen und äußert bereits öfters Umsturzgedanken. Genauers dazu ist nachlesbar in diesem Artikel
Alexander Ehrlich
Fotos: [1]
- Redner auf der Abschlusskundgebung
- Organisiert seit Sommer 2020 bundesweite Busfahrten zu Querdenken Großdemonstrationen unter den Namen „Honk for Hope“
- Laut einer Studie führten diese Busfahrten zu zwei Demonstrationen im Novmeber 2020 zu 16.000 bis 20.000 Infektionen
Parteien
- Eine Person war mit einem Tshirt anwesend, was ein Motiv einer NPD Kampagne abbildete. Die gleiche Person trug ein Thor Steinar Mundschutz.
- Vertreten waren Personen der Partei „Die Basis“, Flyer wurden verteilt
- Eine Teilnahme von Personen der lokalen AfD ist uns bis auf Markus Mössle und seiner Frau uns aktuell nicht bekannt, wie aber dargelegt haben Hilz, Bauer und Langhans deutliche Bezüge zur AfD
Unbekannte Personen
- Mehrere Personen waren mit Q-Anon Symbolen auf Schildern oder Klamotten zu sehen. [1] [2] [3]
- Zwei weitere Person mit Thor Steinar Klamotten, eine Marke die in den 1990er Jahren als Nazi Szenemarke entstand.
- Eine Person mit einer holocaustreativierenden Davidstern-Maske
- Eine Person, die mit einem Degen bewaffnet war
- Mehrere Personen mit Plakaten, die indirekt die Existenz einer Pandemie leugneten [1] [2]
Inhalte der Reden
Auf der Abschlusskundgebungen sprachen neben lokalen Unternehmer*innen auch Wolfgang Greulich, Karl Hilz und Alexander Ehrlich. Die meisten Redebeiträge waren gespickt mit verschwörungsideologischen Inhalten, die die Inszeierung der Kundgebung als Stimme des Mittelstands und der Unternehmen durchbrachen.
Verschwörungserzählungen zu einer zentralen, alles beherschenden Gruppe:
„Hochrangige Polizei und Militär können erkennen, was gerade passiert, dass ein Zentralkommitee 2.0 in Deutschland keine Legitimation hat, die Bevölkerung zu schikanieren. Und weil sie die das wissen, vertraue ich auf die Polizeiführung und Militär im ganzen Land, dass sie vom Widerstandsrecht Gebrauch machen.“ – Karl Hilz
Geschichtsrevisionistische Vergleiche mit dem Nationalsozialismus:
„Wir haben auch dunkle Zeiten erlebt, November als das Ermächtigungsgesetzt in Kraft trat[…]“ – Christoph Wutzke
„Ich fühlte mich wie in den 30ern. […] Menschen werden beiseite geschafft.“ – Christoph Wutzke
Verschwörungserzählungen zu Impfungen:
„Lasst eure Mitarbeiter nicht impfen. Es wird die Zeit kommen, da die Nicht-geimpften die einzigen Gesunden sein werden.“ – Engelbert Schmid
weitere Aussagen:
„Die da drüben [Gegenprotest] solidarisiert sich mit Transnationalen Faschisten, Impfdiktatur, Medizindiktatur[…]“ – Wolfgang Greulich
„Wir brauchen keine Auflagenbescheide. Wir gehn einfach. […] Das Parteiensystem hat ausgedient, wir gehen bis zum Ende.“ – Wolfgang Greulich
Fazit
Die Strategie Ladeninhaber*innen und Unternehmer*innen im Vorfeld direkt anzusprechen hat einige wenige dazu bewogen, an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Daniel Langhans stellte im Rahmen seiner Moderation die Frage, wer denn zum ersten Mal dort sei. Etwa 30 Menschen hoben die Hand. Gehen wir von etwa 700-1000 Teilnehmenden aus, ist dies ein verschwindend geringer Bruchtteil. Klardenken Schwaben schafft es zwar doch noch neue Menschen anzusprechen, jedoch ist der Großteil ihrer Sympathisanten schon seit längerem dabei. Viele vermutlich seitdem Frühjar 2020. Es sind die immer gleichen Gesichter und Redner:innen, die zum Teil viele Kilometer zu Veranstaltungen zurücklegen.