AfD Ulm – Von 180 Grad Wenden, internem Streit und schlecht besuchten Demonstrationen

Im Jahr 2020 beschäftigte sich die AfD Ulm öffentlich vor allem mit diesen Themen: Corona – Pandemie, Instrumentalisierung sexueller Gewalt und interner Organisation. Hier ein kurzer Überblick:

Ulmer AfD und Corona

Am 16.03.20 positionierte sich der AfD Kreisverband Ulm/Alb Donau zum Thema Corona Maß-
nahmen. In einem kurzen Text wurde die Untätigkeit von Regierungen angeprangert. Es wurden
sofortige harte Maßnahmen gefordert wie eine „Schließung aller Läden“, „Ausgangssperren“, Aus-
nahmen nur für wirklich funktionsrelevante Berufe und Einkaufenünd Grenzschließungen.

Unseren Beobachtungen nach wurde bis Ende April solche Kritik an zu schwachen Maßnahmen
kombiniert mit AfD Grundbotschaften wie „Grenzen zu“, „Globalisierung ist böse“ und „Ausländer
raus“ geäußert. Ab Anfang Mai mit den ersten Versammlungen zum Themenkomplex Corona,
die sich später zu Querdenken731 entwickelten, trat eine 180 Grad-Wende ein. Diese zogen viele
Menschen an, darunter auch Menschen, die zuvor kaum politisch aktiv waren. Dieses neue Publi-
kum und ihre Unzufriedenheit versuchten Einzelpersonen der Ulmer AfD für sich und ihre Partei
zu nutzen. Die Maßnahmen wurden von da an als überzogen kritisiert.

Eugen Ciresa rief für den 09.05.20 dazu auf in der Ulmer Innenstadt „spazieren“ zu gehen. Dar-
aus entwickelte sich ein Zug von circa 100 Menschen, der unangemeldet durch die Innenstadt
zog und am Münsterplatz endete, wo im Anschluss die erste größere Kundgebung von Markus
Haintz stattfand. Auf dieser gab es ein offenes Mikrofon, an dem Ciresa eine Rede hielt.
Die AfD Ulm rief mehrmals im Mai 2020 zur Teilnahme an Querdenken Demonstrationen auf, am
13. Juni 2020 gab es vor einer Querdenken Kundgebung ein Vortreffen der AfD, an dem sich 11
Personen beteiligten.

Abbildung 13: Vortreffen der AfD im Vorfeld der Querdenken 731 Kundgebung in Ulm am 13.06.20

Es gab keine Abgrenzung durch Querdenken 731 von der AfD, jedoch beharrten einige zentrale
Personen wie Markus Haintz auf die Parteiunabhängigkeit und verbaten das Zeigen von Partei-
symbolik auf Kundgebungen. Aus der Querdenken 731 Facebook-Gruppe flog Eugen Ciresa nach
einiger Zeit raus. Er hatte sich nicht an Kommunikationsrichtlinien gehalten. Im Herbst und De-
zember 2020 ging in Ulm die aktive Teilnahme an Querdenken Kundgebungen durch lokale AfD
Mitglieder unseren Beobachtungnen nach zurück.

Der 2019 zum Gemeinderat gewählte Markus Mössle fokussierte sich ebenfalls auf das Thema
Corona. Er meldete mehrere eigene Kungebungen auf dem Marktplatz im Mai und Juni zum The-
ma Corona an. Zeitlich immer eine Stunde vor den Querdenken Demonstrationen, vermutlich,
um so einen Teil der Aufmerksamkeit von Querdenken 731 für sich nutzen zu können. Allerdings
erhielten diese Kundgebungen nur sehr wenig Zulauf. Markus Mössle ist Mitglied in mehreren Te-
legram Gruppen aus dem Querdenken Spektrum, unter anderem einer Gruppe, die zum Verteilen
von Flyern mit medizinischen Falschinformationen dient.

Instrumentalisierung Sexueller Gewalt

Ein weiteres zentrales Thema der Ulmer AfD war ein Prozess wegen einer Vergewaltigung im
Herbst 2019. Da die Täter Asylbewerber waren, wurde versucht diese Tat nach dem Vorbild ande-
rer vergleichbarer Kampagnen wie u.a. 2018 in Kandel rassistisch zu instrumentalisieren. Markus
Mössle stellte sich mit ein bis zwei weiteren Personen mehrmals an Verhandlungstagen vor der
Messehalle oder dem Kornhaus mit einem Banner auf. Im Juli veranstaltete der Kreisverband
eine Kundgebung mit Bezug auf den laufenden Prozess auf dem Marktplatz in Ulm mit 20 bis
25 Teilnehmenden Personen. Es sprachen Eugen Ciresa, die AfD Landtagsabgeordnete Christina Baum und Elisabeth Amon, einer Pressesprecherin des Bündnisses „Kandel ist Überall“. (1)

Interne Organisation

Interessant ist, dass Markus Mössle, dem die Landespartei 2019 offiziell verboten hatte in ihrem
Namen zu sprechen, wegen seiner extrem rechten Vergangenheit (wir schrieben hierzu 2019),
sich 2020 zur Wahl für die Landtagswahlkandidatur aufstellen ließ. Das und seine anderen Akti-
vitäten im Jahr 2020 gemeinsam mit anderen AfD Kreisverband Mitgliedern zeigen, dass Markus
Mössle immer noch ein aktives und auch zentrales Mitglied des Kreisverbandes ist, ohne Partei-
mitglied zu sein. Die Distanzierung des Kreisverbandes 2019 scheint nicht mehr als reine Sym-
bolik zu sein. (2)

Im Dezember 2020 wählte die AfD Ulm ihre Landtagskandidaten und neue Vorstandsmitglieder.
Dabei setzte sich Eugen Ciresa mit 11 Stimmen gegenüber dem bisherigen Mitglied des Landes-
tages Daniel Rottmann (3 Stimmen) und Markus Mössle (3 Stimmen) durch. (3) Damit setzt sich
Ciresa der sich seit Jahren deutlich zum AfD Flügel um Höcke positioniert durch und der Kreis-
verband Ulm/Alb-Donau rutscht noch weiter nach rechts. Rottmann kandidierte stattdessen im
Wahlkreis Freiburg 1.

Welche Personen den neuen Vorstand in dem Ortsverband Ulm bilden, teilte die AfD öffentlich
nicht mit (4) , was in der lokalen Presse scharf kritisiert wurde.

Weiteres

Ende 2020 ist Kristof Heitmann neu in Ulm aufgetaucht und verstärkt die dünnen lokalen AfD Strukturen. Bisher war er Mitarbeiter und Büroleiter vom AfD Landtagsmitglied Anton Baron, 2019 Sprecher des AfD Ortsverbandes Geislingen, Kandidat für den Wahlkreis Nr. 8 Süssen-Kuchen-Gingen bei der Kommunalwahl 2019. Er gibt an seit Ende 2020 in Ulm zu wohnen und wird aller Voraussicht nach Direktkandidat der AfD im Wahlkreis Ulm für die Bundestagswahl 2021.

Eine weitere interessante Beobachtung dieses Jahres waren die Kontakte zwischen identitärer Bewegung und der Ulmer AfD. Im Rahmen mehrere Querdenken 731 Kundgebungen waren Gespräche zwischen AfD und IB Mitgiedern zu beobachten. So zum Beispiel am 09.05 und 23.05 auf dem Münsterplatz. Auf mehreren Kundgebungen von Markus Mössle auch auf der Kundgebung Mössles am Juli war mindestens ein Mitglied der Identitären Bewegung anwesend.

Abbildung 14: IB Aktivist Nicolas B. (zweiter von Links) auf der AfD Kundgebung am 11.07.2020

Quellen:

Abbildung 13: Rechte Umtriebe Ulm
Abbildung 14: Rechte Umtriebe Ulm

1 – Artikel „AfD Kundgebung 11.07.2020“ von Rechte Umtriebe Ulm am 13.07.2020: https://rechteumtriebeulm.blackblogs.org/2020/07/13/afd-11-07-2020/

2 – Artikel „Landesvorstand: Markus Mössle kann nicht für die AfD sprechen“ in der SWP vom 03.04.2019: https://www.swp.de/suedwesten/staedte/ulm/landesvorstand-herr-moessle-kann-nicht-fuer-die-afd-sprechen_-30634568.html

3 – Artikel „Machtkampf in der Partei eskaliert“ in der SWP vom 29.09.2020: https://www.swp.de/suedwesten/staedte/ulm/afd-ulm-machtkampf-entscheidung-gefallen-streit-in-der-partei-eskaliert-51910122.html

4 – Artikel „AfD-Vorstand verschweigt die Namen der Gewählten“ in der SWP vom 21.12.2020: https://www.swp.de/suedwesten/staedte/ulm/parteien-ulm-afd-vorstand-verschweigt-die-namen-53989445.html