Chronik als Download (PDF): Chronik Rechte Umtriebe Ulm 2019
Einleitung
Was?
Die Broschüre Rechte Umtriebe Ulm gibt einen Überblick über Aktivitäten rechter Gruppen und Personen in bzw. in der Umgebung von Ulm im Jahr 2019. Das Spektrum umfasst rechte bis extrem rechte Gruppierungen wie Uniter e.V., Teile der Hooliganszene des SSV Ulm 1846, den Orts- bzw. Kreisverband der AfD Ulm/Alb-Donau, die Identitäre Bewegung Schwaben, die NPD Neu-Ulm/Günzburg und die extrem rechte Kleinstpartei Der III. Weg sowie einzelne Aktivitäten von Reichsbürger:innen und Wodans Erben Germanien. Es gibt Überschneidungenund Verbindungen zwischen diesen Gruppen. Bei einigen Aktivitäten kann von jahrelangen Kontinuitäten gesprochen werden.
Der Titel „Rechte Umtriebe“ wurde gewählt, da die Grenzen zwischen rechten und extrem rechten Gruppierungen nur schwer bis gar nicht zu ziehen sind.
Alle genannten Gruppen unterscheiden sich in ihrem Auftreten, ihrem Handeln und ihrem Wirkungsbereich. Ihre Verbindung besteht in rassistischen, antisemitischen und/oder antifeministischen Ansichten. Sie finden in dieser Veröffentlichung alle Erwähnung, da wir die Meinung vertreten, dass ein Zusammenhang zwischen Ansichten, Äußerungen und Handlungen besteht.
Wer verbal gegen Minderheiten oder Menschenrechte hetzt, verbreitet Gedankengut, das zu Beleidigungen, Übergriffen und Angriffen führt.
Im Jahr 2019 zeigte sich mehrmals, wozu extrem rechte Personen und Gruppen in der Lage sind. Weltweit begingen sie Anschläge auf Menschen, die ihnen in ihren Weltbildern weniger bzw. nicht lebenswert schienen.
Warum?
Ziel dieser Broschüre ist es, zu verdeutlichen, dass auch in einer mittelgroßen westdeutschen Stadt bundesweite Entwicklungen sichtbar sind. Wir wollen aufzeigen, dass rechte Gewalt nicht nur ein Problem in entfernten (ost)deutschen Regionen ist. Ulm ist nicht Chemnitz, Halle oder Freital, aber auch hier gibt es reale Bedrohungen für alle Menschen, die nicht in extrem rechte Weltbilder passen; besonders für Menschen, die
nicht weiß sind. 2019 gab es mindestens zwei rassistisch motivierte bewaffnete Angriffe im
Raum Ulm (siehe Kapitel Rassistische Angriffe 2019).
Wir glauben nicht, dass Ulm ein außergewöhnlich starkes Problem mit extrem rechten Gruppen und Personen hat, wir haben aber den Eindruck, dass das Thema in der Stadtgesellschaft kaum wahrgenommen oder ernsthaft behandelt wird. Dies zeigte sich unter anderem in Äußerungen und Reaktionen zu den Angriffen und dem öffentlich stark kritisierten Kampagnenvideo „Vielfalt leben in Deiner Stadt“ der Stadt Ulm im Oktober 2019.
Auch die öffentlichen Zahlen zu „Politisch Motivierter Kriminalität Rechts“ sprechen eine deutliche Sprache. Von 2017 zu 2018 nahm die Anzahl rechter Straftaten in Ulm und Umgebung um 25% auf 121 Fälle zu.[1]
Von 2018 auf 2019 gab es wiederum eine Zunahme um 17% auf 142 rechte Straftaten. Damit machten die rechten Straftaten 63% aller erfassten politischen Straftaten in Ulm und Umgebung aus. Ulm und Umgebung hat eine deutlich höhere Zunahme als Baden-Württemberg insgesamt, wo es laut dem Innenministerium Baden-Württemberg im Jahr 2019 eine Zunahme von 10% gab und der Anteil von rechten Straftaten liegt bei 46,6%.[2] Mehr als die Hälfte dieser Taten blieben unaufgeklärt. Das alles sind nur die polizeilich erfassten Fälle. Beratungsstellen für Betroffene von rechter Gewalt gehen von vielen weiteren nicht erfassten Taten aus. Einige werden nicht angezeigt, andere werden von polizeilicher Seite aus nicht als rechte Gewalt
eingeordnet. Diese Zahlen alleine reichen aber nicht um das Spektrum zu erfassen, denn es gibt einen Zusammenhang zwischen Worten und Taten und deswegen müssen die gesamten Aktivitäten von rechten Gruppen und Parteien betrachtet werden.
Wie?
Wir haben öffentlich zugängliche Informationen über rechte Aktivitäten gesammelt
und ausgewertet. Die Inhalte basieren fast vollständig auf mehreren Quellen wie Presseberichten, Anfragen im Landtag, öffentlichen Datenbanken und Gesprächen mit Zeug:innen. Alle Verfasser:innen der Texte hatten den Anspruch, faktisch zu bleiben, nichts zu beschönigen oder zu dramatisieren und eigene Meinungen klar als solche zu kennzeichnen.
Allein für Ulm und Umgebung konnten wir über 50 Vorfälle, Übergriffe und Veranstaltungen zusammentragen. Wir wollen mit dieser Chronik keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wir sind uns sicher, dass viele weitere Vorfälle passiert sind, Alltagsdiskriminierungen und Angriffe, die wir nicht erfasst haben.
Die Broschüre gliedert sich in zwei Hauptteile: zum einen in die Chronik über rassistische Übergriffe und Angriffe sowie rechte und extrem rechte Veranstaltungen in Ulm und Umgebung 2019. Im zweiten Teil werden in Artikeln bestimmte Gruppen und ihr Handeln näher beleuchtet. Ein Glossar am Ende hilft bei der Einordnung verschiedener Gruppierungen.
Quellen:
[1] Artikel der Augsburger Zeitung veröffentlicht am 14.10.2019:
https://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/Rechtsextreme-rund-um-
Ulm-werden-immer-aggressiver-id55711116.html
[2] Artikel der Augsburger Zeitung veröffentlicht am 14.10.2019:
https://www.augsburger-allgemeine.de/neu-ulm/Rechtsextreme-rund-um-
Ulm-werden-immer-aggressiver-id55711116.html und Artikel in der
Südwestpresse veröffentlicht am 24.04.2019:
https://www.swp.de/blaulicht/ulm-neu-ulm/polizei-ulm-politischmotivierte-
kriminalitaet-nimmt-um-27-prozent-zu-45729187.html