Uniter e.V.

Staatsschützer:innen, Vorbereitung auf Tag X und Feindeslisten

Hinweis:

Wie mittlerweile absehbar ist, reichen die Verbindungen von Uniter von der Bundeswehr, Polizei, Verfassungsschutz, über Rüstungsfirmen bis in Parteien wie die CDU und die AfD. Das geht jedoch weit über Ulm hinaus, deswegen beschränken wir uns im folgenden Text nur auf die Kernstücke der öffentlich zugänglichen Informationen zu Uniter und dem „Hannibal“- Netzwerk. Für weitere Informationen möchten wir auf die ausführlichen Recherchen der taz verweisen, auf die wir uns hier größtenteils bezogen habe

Uniter e.V. ist ein Verein von und für Mitglieder von Eliteeinheiten in Bundeswehr und Polizei. Laut eigener Aussage handelt es sich um ein Netzwerk für Sicherheit, das sich mit alltäglichen Sicherheitsthemen beschäftigt und berufliche Qualifikationen anbietet. Der Verein wurde 2012 in Sachsen-Anhalt gegründet, um Soldaten des Kommandos Spezialkräfte, einer Eliteeinheit der Bundeswehr, die im baden-württembergischen Calw stationiert ist, versichern zu können. 2016 wurde der Verein in Stuttgart noch einmal gegründet und teilt sich in verschiedene Distrikte. Er veranstaltet verschiedene Workshops u.a. zu den Themen Selbstverteidigung, Militärtaktik und Schusswaffen.[86] Uniter ist seit Ende 2018 durch Berichterstattung vor allem der taz bekannt geworden. Der Verein steht personell und strukturell mit dem „Hannibal“-Netzwerk (siehe Abb. 10) und dem Bundeswehrsoldaten Franco Albrecht in Verbindung.[86] Dabei handelt es sich um ein Chatnetzwerk von Menschen, die gemeinsame Pläne für den Fall eines „Tag X“ vorbereiteten. „Tag X“ beschreibt das Zusammenbrechen der staatlichen Strukturen und öffentlichen Ordnung, diese Annahme ist im rechten Spektrum weit verbreitet. Konkreter sollen sich Teile dieses Netzwerks darauf vorbereitet haben, an einem „Tag X“ politische Feinde zu ermorden. Dafür führten sie Listen mit 25.000 Personen und sammelten vermutlich im Geheimen Waffen. Auf den Listen, die im extrem rechten Spektrum bereits mehrfach auftauchten, sind linke Journalist:innen, Politiker:innen, Künstler:innen und Aktivist:innen mit Namen und Adressen. Aus Stuttgart und Umgebung sollen sich etwa 300 Personen auf diesen Listen befinden 8 .[87] Es gab vier Chatgruppen: Nord, Süd, West und Ost.[90] Ebenso wie sich Uniter in Nord- , Ost,-, West-, und Süddistrikt teilt.[86]

Der Gründer des Uniters e.V. André Schmitt ist Admin dieser Chatgruppen gewesen. Sein Pseudonym war „Hannibal“, unter diesem wurden die Chatgruppen in der Presse bekannt. André Schmitt war Mitglied im Kommando Sonderspezialkräfte (KSK) der Bundeswehr in Calw.[90] Bei Mitgliedern der Nordgruppe, auch Nordkreuz genannt, gab es mehrere Hausdurchsuchungen bei denen u.a. die oben erwähnten Feindeslisten gefunden wurden. Die Südgruppe des Netzwerks als größte Gruppe hatte sich auf sogenannte Safe houses verständigt, Treffpunkte und vermutlich Lager für den „Tag X“. Laut Recherchen der taz soll sich einer dieser Treffpunkte in Ulm befinden.[91] Diese Chatgruppen und der Verein Uniter können nicht vollkommen gleichgesetzt werden. Doch fallen deutlich Gemeinsamkeiten in Organisation und Inhalten sowie viele personelle Überschneidungen auf. Neben André Schmitt sind eine Reihe weiterer Personen in den Chatgruppen sowie auch bei Uniter aktiv gewesen. Laut den Sozialen Medien die Uniter nutzt, finden in verschiedenen Städten regelmäßige Security Round Tables (SRT) statt. Das sind Treffen, bei denen Mitglieder Interessierte mitbringen und an die Strukturen heranführen können.[92] Solche SRT fanden laut Uniter auch in Ulm statt, 2019 waren es mindestens acht Treffen. Seit 2018 nutzt Uniter laut eigenen Angaben das Restaurant Zur Zill in der Ulmer Innenstadt als Treffpunkt. Wir gehen davon aus, dass auch 2019 Treffen dort stattgefunden haben. Siehe Abb. 11 Diese bisweilen regelmäßigen Treffen des Vereins deuten auf eine rege Aktivität in und um Ulm. Das zeigen auch folgende Punkte:

  • Eines der Vorstandsmitglieder des Vereins wohnte in Neu-Ulm und versuchte verstärkt neue Mitglieder aus dem Kreis Ulm/Neu-Ulm zu rekrutieren.[91] Ebenso kam es 2018 zu Übungen organisiert von Uniter auf einem Schießplatz nahe Ulms.[86]
  • Im Juni 2019 stellte Richard B., ein Angestellter der Stuttgarter Sicherheitsfirma Industrie Bewachung Wachmeister mit einem Zweitsitz in Ulm, eine Jobanzeige auf die Uniter-Webseite. Dort suchte er nach einer Sicherheitsdienstmitar- beiter:in für den Bereich Elchingen, Ulm und Neu-Ulm. Als Kontaktmöglichkeit gab er eine Emailadresse mit seinem Namen an, die auf @uniter-network.de endete. Daraus lässt sich schließen, dass zum einen mindestens ein Uniter-Mitglied in einer Sicherheitsfirma in Ulm arbeitet und zum anderen gezielt versucht wurde andere Vereinsmitglieder einzustellen.

Sowohl die Treffen als auch das Jobangebot sind mittlerweile nicht mehr direkt auffindbar, da der Verein Uniter mehrfach seine Webseite und Accounts in den Sozialen Medien überarbeitet und massiv Inhalte gelöscht hat. Dass Uniter in Ulm aktiv ist, ist wenig verwunderlich. Die Stadt hat ein Bundeswehrkrankenhaus, mehrere Kasernen und ist NATO-Stützpunkt. Es ist wahrscheinlich, dass einige der dort stationierten Bundeswehrsoldat:innen auch bei Uniter aktiv sind. Es wäre nicht ganz richtig zu sagen, dass jeder, der bei Uniter aktiv ist, extrem rechts sei. Jedoch handelt es sich um einen Verein, in dem sich extrem Rechte sehr wohl fühlen und Teile seiner Mitglieder im Verdacht stehen terroristische Pläne vorbereitet oder daran mitgewirkt zu haben. Besonders gravierend ist, dass der Verein vor allem Mitglieder aus der Polizei und der Bundeswehr hat, die im Umgang mit Waffen trainiert sind und alltäglich darauf Zugriff haben. In Baden-Württemberg sind neben Soldat:innen und Polizist:innen auch ein Mitarbeitender des Verfassungsschutzes im Verein aktiv gewesen und sogar Gründungs- und Vorstandsmitglied.[93]

Mittlerweile hat der Verfassungsschutz Uniter zum Prüffall erklärt. Die Gemeinnützigkeit wurde ihnen vom Finanzamt Stuttgart entzogen. Der Verein hat seinen Sitz nun in der Schweiz.[94]

 

Quellen:

[86] Artikel der taz veröffentlicht am 21.12.2018: https://taz.de/taz-Recherche-zu-rechtem-Netzwerk/!5557397/

[87] Artikel der Stuttgarter Zeitung veröffentlicht am 12.07.2019: https://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.todeslisten-von-rechtsextremisten-daten-von-stuttgartern-bei-nordkreuz-durchsuchungen-gefunden.b87da859-34ea-48c8-bd00-340b817dce0b.html

[88] Das Bild entstammt der ZDF Zoom Sendung „Angriff von Innen“ veröffentlicht am 16.04.2020: https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-angriff-von-innen-100.html

[89] Das Bild wurde von Uniter auf ihrer Webseite hochgeladen und zeigt ein Treffen am 4. Oktober 2018 in dem Restaurant Zur Zill.

[90] Artikel der taz veröffentlich am 16.11.2018: https://taz.de/Rechtes-Netzwerk-in-der-Bundeswehr/!5548926s=hannibal/

[91] Artikel der Südwestpresse veröffentlicht am 19.03.2019: https://www.swp.de/suedwesten/staedte/ulm/uniter-hat-aktive-in-der-region-30466505.html

[92] Selbstbeschreibung der SRT auf der ehemaligen Webseite von Uniter, mittlerweile gelöscht

[93] Artikel der taz veröffentlicht am 10.03.2019 und 19.03.2019: https://taz.de/taz-Recherche-zu-Hannibal-Netzwerk/!5577527/ und https://taz.de/taz-Recherche-zu-Hannibal-Verein-Uniter/!5581162/

[94] Artikel der Tagesschau veröffentlicht am 28.02.2020: https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/uniter-109.html