SSV Ulm Hooligans

Der SSV ist ein Ulmer Fußballverein, der aktuell in der Regionalliga Südwest spielt. Seit den 1990ern bis heute gab und gibt es immer wieder extrem rechte Vorfälle und Angriffe aus der Fanszene, insbesondere von Hooligangruppen. Einzelne Personen tragen neonazistische Marken wie Kampf der Nibelungen oder Thor Steinar oder besuchen neonazistische Konzerte wie u.a. 2017 in Themar.

Eine Auswahl an frei zugänglichen Bildern von SSV Hooligans, erstellt 2019

Wichtig ist hierbei jedoch eine Differenzierung. Es können nicht pauschal tausende Fans des SSV Ulm 1846 unter Generalverdacht gestellt werden. Der Kreis von offen und eindeutigen extrem rechten Fans ist deutlich einschränkbar. Es sind vor allem Mitglieder der Hooliganszene. Sie sind in vier Gruppen organisiert, es gibt starke Verbindungen und teilweise Überschneidungen untereinander:

  • Uniteds, gegründet 1997, circa 15-20 Mitglieder.
  • Donau Crew, gegründet 2008, circa 10-15 Mitglieder.
  • Pubboys, Gründung vrmtl 2017-2018, aufgelöst 2019, circa 10 Mitglieder.
  • Brigade Weststadt (Alt-Hooligans, weniger aktiv)

Je nach Spiel können zwischen ca. 50 bis 100 Hooligans und ihr Umfeld (Personen aus anderen Fanszenen oder Personen die seltener da sind) im Stadion anwesend sein. Mehr sind es vor allem bei Derby Spielen wie gegen den 1.FC Heidenheim, den Stuttgarter Kickers oder dem SSV Reutlingen.

Sowohl der Verein als auch einige Fangruppen distanzierten sich immer wieder von extrem rechten und gewaltsuchenden Fans, benennen dabei die Hooligans und die konkreten Gruppen jedoch nicht.

 

CHRONOLOGIE

Anmerkung: Diese Sammlung beinhaltet nur was uns bekannt und belegbar ist, Stand Dezember 2021.
Wir gehen davon aus, dass es noch deutlich mehr alltäglichere Vorfälle gibt.
Über Hinweise zu weiteren Vorfällen freuen wir uns jeder Zeit.

Eine chronologische Aufzählung uns derzeit bekannter extrem rechter Vorfälle mit Beteiligung von SSV Fans:


  • Bereits in den 1990er Jahren berichteten Ulmer Antifaschist:innen über Nazis in der Fanszene. In den Jahren 1998 und 1999 sollen circa 60 Personen bei Spielen und Auswärtsfahrten ihre Gesinnung eindeutig mit Hitlergrüßen, Naziparolen, Reichskriegsflaggen und Reichsfahnen gezeigt haben.

Ausschnitt aus der Antifa Zeitung „Partisan“ aus dem Jahr 1999

  • 21. Mai 1998  – Einem Bericht zu den Zuständen in Ulm in den 90er Jahren lässt sich folgendes entnehmen: „Am Himmelfahrtstsag kommt es vor dem „Gänstorstüble“, der „Fankneipe“ der SSV-Ulm-Fans in der Ulmer Gideon-Bacher-Str. zu rassistischen Krawallen: Rassistische Pöbeleien und Angriffe auf vermeintlich „türkische“ Jugendliche und Kinder, an denen sich über 50 Nazis aus Ulm, Neu-Ulm und Biberach beteiligen. Fast alle Täter sind mit den Fan-T-shirts des SSV-Ulm bekleidet.“

  • April 2007 – Neun Personen haben auf der Rückfahrt eines SSV Ulm Spiels in Stuttgart rassistische, antisemitische Gesänge angestimmt und Parolen skandiert. Die Staatsanwaltschaft Ulm erhebt Ende 2007 Anklage.

  • 2012 – Auf dem Gruppenfoto vom 15 jährigem Jubiläum der Hooligangruppe Uniteds Ulm zeigt eine Person einen Hitlergruß

15 Jahre Uniteds Gruppenfoto, Hitlergruß hinten Links


  • 28.04.2016 – Beim Derby gegen den SSV Reutlingen wurden Banner mit den Inhalten „Seit 2016 Flüchtlinge in der Kreuzeiche?“ und „Seit 2005 Asylanten in Block E!“ gezeigt. Das erste Banner spielt darauf an, dass im Frühjahr 2016 im Reutlinger Stadion an der Kreuzeiche eine Notunterkunft für Geflüchtete eingerichtet wurde. Das zweite Banner ist eine rassistische Beleidigung gerichtet an den Block E, in dem die Ultras des SSV Reutlingen stehen. Andere Ulmer Fangruppen distanzieren sich von diesen Bannern.

28.04.2016 im SSV Stadion, Fotos von Sogenannte Hopper


  • Foto von Themar 2017, Sepp G. in der Mitte

    15.07.2017 – Sepp G., ein SSV Hooligan der Gruppe Uniteds, besucht das neonazistische Festival „ Rock Gegen Überfremdung II“ in Themar.

  • Aufgrund von Tshirts die er trägt ist davon auszugehen, dass er an mindestens zwei weiteren neonazistsichen Konzerten teilnahm: Dem „Live Hate IV“ 07.05.2016 in Hildburghausen und dem konspirativ organisierten „Rocktober“ am 15.10.2016 in Unterwasser (Schweiz), was dem Blood&Honor Netzwerk nahesteht.
  • Außerdem stellt er sich mit einer Fan Fahne des SSV Ulm mit Reichkriegsfahne und diversen extrem rechten Inhalten auf seinem Facebook Account dar.


  • 17. April 2018 – Während einer Zugfahrt von Ulm nach Ravensburg steigen ab Ulm vier bis fünf Fans des SSV Ulms zu, unter Ihnen mehrere der späteren Täter der Angriffe in Dellmensingen. Während der Fahrt sollen Parolen wie Deutschland den Deutschen gefallen sein. Ein Mitfahrer im Zug sprach die Gruppe an leise zu sein, es kommt zum Streit. Als die Gruppe und die Person in Erbach ausstiegen, wird die Person geschlagen und sein Fahrrad auf die Bahngleise geworfen. Die rechten Sprüche und der Migrationshintergrund der angegriffenen Person deuten auf ein rechtes Motiv.

… In Ulm ist eine gruppe junger Männer zugestiegen, hab ich nicht gesehen, nur gehört. Ich nahm an von einer Feier, laut, bissle alkoholisiert. Das war laut, deshalb hab ich zugehört, nicht bewusst, habe aufm Handy rumgespielt. Aber dann fiel ein Satz, der etwas ausländerfeindlich war, ich kann mich nicht erinnern welcher. Dann wurde es noch lauter, fand es bedrohlich. …

… Der Zug hielt in Erbach an, die stiegen aus. Und direkt in der Nähe meines Fensters habe ich gesehen wie einer auf einen anderen einschlägt und ein paar drum rum, aber es war dunkel draußen, ging alles bissle turbulent zu….

… Ja, als der Satz fiel „Deutschland den Deutschen“ hab ich gesagt: das wird mir langsam bedrohlich und hab es meinem Mann erzählt. Als die außgestiegen sind und die Schlägerei losging hab ich gesagt: ruf die Polizei, da ist ja keiner auf dem Bahngleise der dem hilft. …

– Zeugenaussage zu dem Angriff in Dellmensinger Fackelwurf Prozess, am Prozesstag 8 dem 22.06.2020


  • 15 Mai 2018 – Verdachtsfall: Eine Gruppe SSV Fans, unter Ihnen Leo B. und Dominik O. zwei der späteren Täter der Angriffe in Dellmensingen, sind in einer Schlägerei mit Punks verwickelt. Aus den Aussagen im späteren Prozess zu den Angriffen in Dellmensingen, liegt der Verdacht nahe, dass es sich um eine politische Auseinandersetzung handelte.

“ Am 12.05.18 hielt sich der Angeklagte [Anmk. gemeint ist Dominik O.] alkoholisiert auf der Donauwiese Ulm mit einer Gruppe Freunden / SSV Ulm Fans auf. Sie schwenkten Deutschlandfahnen, das provozierte eine Gruppe Punks. Leo B. Ging zur Gruppe und Sprach den Zeugen… an. Leo B. meinte ein Messer zu sehen und entfernte sich. Auch Dominik O. erkannte vermeintlich ein Messer beim Tatgeschädigten, aber anstatt Abstand zu wahren verübte er gegen den Tatgeschädigten einen Fußtritt ins Gesicht.“

– Zitat aus dem Dellmensinger Fackelwurf Prozess, Prozesstag 12 am 29.07.2020


  • 21. Mai 2018 – SSV Fans beschimpfen bei der Rückfahrt eines Auswärtsspieles Mitfahrende Personen eines Regio Zuges sexistisch, rassistisch, schwulenfeindlich und antisemitisch. Sie sollen Gesänge und Rufe wie „Sieg Heil“, „Juden vergasen“, „Homos an die Wand“ und „Ausländer raus“ von sich gegeben haben. Trotz Ermittungen kommt es zu keiner Anklage.


  • Oktober 2018 – In einer Sitzung des Fachbereichsausschuss Bildung und Soziales der Stadt Ulm wird sich über die „Fanproblematik beim SSV Ulm 1846“ ausgetauscht. In dem öffentlich einsehbaren Bericht kommt es zu folgenden Feststellungen:

Kategorie -C-(gewaltsuchend)
Der Kernbereich umfasst insgesamt etwa 85 Personen, die in wechselseitiger Besetzung Heim-und Auswärtsspiele des SSV Ulm 1846 Fußball e.V. besuchen. Die Fans der Kategorie C werden den einzelnen Fanclubs wie folgt zugerechnet:

  • Uniteds Ulm 97 (Hooligans)
  • Donaucrew (Hooligans)
  • Pub Boys (neu gegründet (Hooligans, teilweise rekrutiert aus dem Ultra-Bereich)
  • Brigade Weststadt (Alt-Hooligans)
  • Nebulosa Impero (Ultras)

Zu Spielen mit erhöhtem Sicherheitsrisiko (u.a. Kickers Offenbach, 1. FC Saarbrücken, Waldhof Mannheim) kommen zum Kern weitere bis zu 30 nichtorganisierte C-Fans aus dem Ulmer Umfeld hinzu. Ebenso ist zu beobachten, dass sogenannte erlebnisorientierte Gruppen, insbesondere Personen mit offensichtlich rechtspolitischer Gesinnung, die Plattform Fußball für Aktionen nutzen.“

„Die meisten Mitglieder der Hooligan-Gruppen sind politisch rechts orientiert, einzelne Personen waren in der Vergangenheit auch bei Veranstaltungen rechter Gruppen feststellbar.“

„Beim Polizeipräsidium Ulm und der Kriminalpolizeiinspektion Neu-Ulm liegen über einzelne Problemfans staatsschutzrelevante Erkenntnisse vor. Tatsachen, die auf eine Verknüpfung mit rechtsextremen Kreisen hindeuten, sind -mit Ausnahme des Tragens szenetypischer Kleidung -bisher nicht bekannt.“

„Hierzu wird auch auf vorstehende Ausführungen verwiesen, dass rechtsextreme Personen als erlebnisorientierte Gruppe die Plattform Fußball für Aktivitäten nutzen können.“

  • Insgesamt wird jedoch die Einschätzung getroffen, Politik werde bei den Fangruppen nicht ausgelebt, weil auch eine schwarze Person bei den Pubboys tätig sei und ein politisch linkes Gruppenmitglied bei den Uniteds beteiligt sei.

  • Mai 2019 – Fünf SSV Nachwuchs Hooligans versuchen bei mehreren Aktionen über mehrere Tage hinweg mit einem Böller Bewurf, einem toten Schwan und einem Schild eine Roma Familie aus Dellmensingen zu vertreiben. Am Ende werfen sie eine Fackel, die einen Wohnwagen nur knapp verfehlt. Im Sommer 2019 werden sie festgenommen und kommen in Untersuchungshaft. Sie gehören alle zum Umfeld der Hooligangruppen Pubboys und teilweise der Donaucrew an.

  • August 2019 – Bei dem größten Spiel des Jahres, einer DFB Pokalrunde gegen den Derby Rivalen FC Heidenheim am 10.08.19, zeigen mehrere Personen der Hooligan Gruppe „Donau-Crew 08“ ein Spruchband, was sich mit den Tätern der Dellmensinger Angriffe solidarisiert.

Solidaritätsbekundung am 10.08.2019 im SSV Ulm Stadion – Foto von Unterwegs-In-Sachen-Fußball


  • wahrscheinlich am 03.08.2019 – Bei einem Spiel des VfR Aalens gegen Bahlingen wurde ein Solidaritätsbanner mit den zu diesem Zeitpunkt Inhaftierten Tätern der Angriffe in Dellmensingen gezeigt. Ein Foto ist davon nicht öffentlich verfügbar, im Dellmensinger Fackelwurf Prozess wurde ein Bild davon gezeigt, ein etwa 20 Meter großes Transparent mit einem Inhalt der grob Grüße an die Inhaftierten enthielt. Das geht aus einem Brief am 27.092019 des VfR Aalen Fans Victor B. an den damals inhaftierten Robin D. hervor:

„… wir Classics haben beim Spiel Bahlingen ebenfalls ein Spruchband für euch gemacht. Ich hoffe du freust dich. Hab ein Bild reingelegt, hoffe du bekommst es. … Bis bald, Victor“

– Zitat aus einem beschlagnahmten Brief von Victor B. an den inhaftierten Robin D., vorgelesen im Dellmensinger Fackelwurf Prozess, Prozesstag 11 am 08.07.2020


  • 03.10.2019 – Maximilian F., SSV Hooligan und Umfeld der Täter des Dellmensingen Brandangriffes, nimmt an der Demonstration „2. Tag der Nation“ in Berlin teil. Organisiert wurde diese von einer Gruppe namens „Wir für Deutschland“, zahlreiche Neonazis, Reichsbürger:innen und andere aus dem extrem rechten Spektrum traten dort auf.

die Fünf Täter zu Prozessbegin

 


  • 08.05.2020 – circa 8-10 Mitglieder der Hooligan Gruppen „Uniteds“ und „Donau-Crew 08“ nehmen an der ersten größeren Demonstration zum Thema Corona von Markus Haintz und Marc Götz teil. Daraus entsteht in den nächsten Tagen Querdenken731. Anwesende kritische Beobachter:innen und linke Gegendemonstrant:innen geben an, u.a. von Ihnen bedroht worden zu sein.

  • 20.07.2020 – Robert H., Mitglied der Uniteds, nimmt am Ulmer Stadtfeiertag den Schwörmontag unter 250 ausgewählten Gästen an der Schwörrede teil. Dabei zeigt er offen seine Tatoos, die u.a. zwei Wehrmachtssoldaten und den Schriftzug „Uniteds“ beinhalten. Robert H. postet extrem rechte Inhalte auf Sozialen Medien und war Kunde bei dem Versandhandel „OPOS Records“ Kunde war. OPOS vertreibt & produziert Neonazi Musik und Klamotten. Er gab die Email Adresse „UnitedsUlm@web.de“ an, was den Bezug zu der Hooligangruppe nochmals verdeutlicht.

  • August 2020 – Einer der Angeklagten im Dellmensinger Fackelwurfprozess, Dominik O., trainiert Boxen mit Jannik S., einem Kampfsporttrainer und SSV Fan mit Kontakten zu mehreren Hooligans, in den Räumen des Gleis44. 

 

 

 

 


  • Am 11.12.2021 erschien in der Sportschau ein Beitrag zu Neonazis in Traditionsvereinen. Der SSV Ulm, der Angriff in Dellmensingen und die extrem rechten Hooligans werden darin thematisiert. Dabei wird unsere Recherche in Teilen aufgegriffen.

 


  • Am 13.12.2021 erklärt einer der SSV Ulm Vereinstvorstände in einem Interview mit Donau3FM, dass es bis zu 200 Fans gibt die er der rechten Szene zuordne von den insgesamt 500 bis 1000 aktive/organiserten Fans. Das bedeutet nach der Einschätzung des Vorstandes selbst sind um die mindestens 10% der organisierten Ulmer Fans der rechten Szene zuzuordnen. 

Frage: „Wie hoch ist die Anzahl? Sind das 50, sind das 100, sind das 200 oder gar mehr?“
Thomas Oelmayer: „Also ich würde mal meinen nicht mehr als 200. Aber das ist eine Größenordnung die man da schon zuordnen kann.“


  • Winter 2021 / Frühjahr 2022 mehrere SSV Hooligans, darunter auch einzelne Täter von Dellmensingen, nehmen mehrfach an den „Spaziergängen“ des Querdenken-Spektrums teil.

[Bericht 1] [Bericht 2] [Video auf Twitter]


  • Am 08.03.2022 stört ein Kader der Identitären Bewegung gemeinsam mit einem bekannten rechten Hooligan des SSV Ulms, Maximilian Förster, eine feministische Kundgebung. Maximilian schlug mehrfach in Richtung der Teilnehmenden und trat aggressiv aus

[Artikel] [Video auf Twitter]


  • Verdachtsfall: Im Frühjahr 2022 tauchten neonazistische Sticker im Stadtbild Ulm auf, darunter auch an der Fankneipe dem Capos. Schon in vorherigen Jahren haben wir wiederholt über Hinweise oder eigene Beobachtungen verstärkt rechte Sticker in der Nähe des Capos aufgefunden.

Ein Sticker der Wehrmachtssoldaten verherrlicht am Capos, einer SSV Ulm Fankneipe Anfang Februar 22

[Bericht]


  • Verdachtsfall: Nacht vom 11.06 auf den 12.06.2022 Am Münsterplatz und in der Platzgasse werden mehrere Dutzend neonazistische Sticker angebracht. Sie gingen erneut aus der unmittelbaren Umgebung der Fankneipe Capos aus.